Psychische Erkrankungen gehören zu den TOP 3 Krankheitsarten für Krankschreibungen in Deutschland. Die Arbeitsbelastung im (noch) vorhandenen Team steigt dadurch noch weiter an und es kommt zu zusätzlichen Personalengpässen. Der Wirtschaft entstehen Milliarden Kosten. Frühe Hilfe und Sensibilisierung in der Gesellschaft sind entscheidend, damit Betroffenen lange Leidenswege möglichst erspart bleiben und sie frühzeitig motiviert und unterstützt werden, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Für eine schnellere Gesundung.
Doch wie kann das gelingen? Wer sieht genau hin und macht den ersten Schritt, wenn beispielsweise das Arbeits- und Sozialverhalten eines Mitarbeitenden sich über längere Zeit verändert hat? Hier können auch sogenannte MHFA Ersthelfer für psychische Gesundheit ins Spiel kommen, die in einem entsprechenden Kurs wichtiges Basiswissen über psychische Erkrankungen erlangt haben. Analog zum klassischen Erste-Hilfe-Kurs (z.B. im Straßenverkehr) geht es darum, Menschen zu qualifizieren, sodass sie im Bedarfsfall erste Hilfe leisten können, bis professionelle Hilfe verfügbar ist. Oder eben, bis die hilfsbedürftige Person ausreichend stabilisiert ist.
Das Problem ist das Wegschauen
Wegschauen, aufgrund von mangelnder Erfahrung, Unwissenheit und Unsicherheit. Wir alle kennen das bestimmt. Und vielleicht sogar noch aus Zeitmangel. Gerade bei psychischen Störungen, wie z.B. Angststörungen, Depressionen, Suchtverhalten etc. ist es enorm wichtig, dass Betroffene frühzeitige Unterstützung bekommen. Der „Türöffner“ ist häufig ein offenes Ohr, ein Mensch, der sich Zeit nimmt und unvoreingenommen zuhört. Das können auch Kollegen und Kolleginnen sein.
Entsprechendes Training (online oder vor Ort, beispielsweise in Unternehmen) bietet das bereits im Jahr 2000 in Australien etablierte MHFA Ersthelferprogramm an, welches mittlerweile in rund 30 Ländern angeboten wird und bereits 6 Millionen Ersthelfende für psychische Gesundheit qualifiziert hat. In Deutschland wird das Programm vom Zentralinstitut für seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim angeboten.
Es gibt sowohl Kursangebote für Privatpersonen als auch für Unternehmen und Organisationen. In insgesamt 12 Kursstunden werden vertiefende Inhalte zu folgenden Schwerpunkten erlernt:
- Depressionen
- Angststörungen
- Psychosen
- Substanzmissbrauch
- Suiziden
Ergänzend dazu erhalten die Kursteilnehmenden ein umfangreiches Handbuch zum Nachlesen und für weitere Vertiefungen zu Themen wie: problematischem Glücksspiel, Essstörungen und selbstverletzenden Verhalten.
Bei allen Krankheitsbildern erfolgt die erste Hilfe anhand des ROGER-Prinzips.
- R = reagieren, Situation bewerten und beistehen
- O= offen und unvoreingenommen zuhören
- G = gib Unterstützung und Informationen
- E = ermutige zu professioneller Hilfe
- R = reaktiviere Ressourcen
Der Kurs ist sehr intensiv und sollte nicht bei akuten psychischen Problemen der Teilnehmenden absolviert werden. Insgesamt ist er sehr lehrreich, enthält viele Praxisbeispiele und Trainingseinheiten, sodass die angehenden Ersthelfenden direkt ihr neu erlerntes Wissen trainieren können. Die Kursleitung (Instruktor) steht auch für weitere Fragen bereit.
hoher gesellschaftlicher Nutzen
Der Kurs ist hervorragend geeignet, um mehr Menschen aller Altersklassen für das so wichtige Thema der psychischen Erkrankung zu sensibilisieren, da knapp 30% der Erwachsenen in Deutschland pro Jahr an einer psychischen Störung (Quelle: MHFA) erkranken. Nur durch Wissen können Stigmatisierungen abgebaut werden. Auch dadurch würden mit Sicherheit mehr Betroffene frühzeitig Hilfe in Anspruch nehmen.
Das Bundesland Berlin bietet daher für seine Bürger & Bürgerinnen sogar die kostenfreie Teilnahme am MHFA Ersthelferkurs an. Das ist meiner Ansicht nach ein wichtiges Signal, um die Bedeutung der Ersthelfer für psychische Gesundheit und ihren Nutzen für die Gesellschaft zu unterstreichen und dem weiteren Anstieg psychischer Erkrankungen ein Stück weit entgegenwirken zu können.
Sehr förderlich ist natürlich auch jede Art von Prävention, damit Menschen möglichst gar nicht erst erkranken. Stichwort: Resilienzaufbau. Unternehmen investieren bereits in Resilienztrainings, eine wirkungsvolle Maßnahme, um bei den Beschäftigten die eigenen Ressourcen zu stärken.
Mein persönliches Fazit zum Ersthelferkurs: ich bin mehr als dankbar, dass ich an diesem Kursangebot im März 2024 teilgenommen habe und konnte mein Wissen schon in einigen privaten und beruflichen Situationen anwenden und damit anderen Menschen unmittelbar helfen. Diese Erfolgserlebnisse stärken übrigens auch die eigene Psyche 🙂
Weiterführende Links:
https://www.mhfa-ersthelfer.de/de/unternehmen-organisationen
Bezug zu den Zielen:



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